Geistliche und weltliche Musik von Leonhard Lechner (1553 – 1606)
Hortus Musicus:
Christa Mäurer (Sopran)
Waltraud Russegger (Alt)
Michael Nowak (Tenor)
Günter Mattitsch (Bariton)
Dietmar Pickl (Bass)
Programm
Leonhard Lechner (1553-1606)
Italienische Madrigale
Missa tertia (Non e lasso martire): Kyrie Gloria
Herr Jesu Christ, dir lebe ich
O Tod, du bist ein bittre Gallen
Nun schein, du Glanz der Herrlichkeit
Missa tertia: Credo Sanctus
Nackend bin ich aus der meiner Mutter Leib kommen
O großer Gott, bau du das Haus
Missa tertia: Benedictus Agnus Dei
Deutsche Sprüche von Leben und Tod
Wenn ich gedenk der Stund
Daß du von meinetwegen
Nach meiner Lieb viel hundert Knaben trachten
Der süße Schlaf
O Lieb, wie süß und bitter
Der Südtiroler Leonhard Lechner war als Kapellknabe Schüler von Orlando di Lasso am herzoglich-bayrischen Hof in München.
Die Fertigkeiten italienischer madrigalesker Satztechnik lassen den Lehrer Lasso erkennen. Beispiele dafür sind die „Deutschen Sprüche von Leben und Tod“ wie auch „Das Hohelied Salomonis“. Nach einigen Jahren der Wanderschaft und Übertritt zur protestantischen Religion nimmt Lechner ein eher untergeordnetes Amt eines “Schulgehilfen“ einer Schule in Nürnberg an. Neben einer Reihe von weltlichen Liedern (vier- und fünfstimmig), bearbeitete er in Nürnberg dreistimmige Lieder von Jakob Regnart (fünfstimmig). Er war ein angesehener und gefragter Komponist in privat gegründeten Zirkeln musikbegeisterter Nürnberger Patrizier. Lechners Ziel war jedoch, Hofkapellmeister zu werden. Dies erfüllte sich am katholischen Hof des Grafen Eitel Friedrich von Hohenzollern- Hechingen in Hechingen, wo er die Leitung eines kleinen aber musikalisch hochstehenden Ensembles bekleidete.
Er verließ diesen Posten jedoch nach kurzer Zeit, bewarb sich für die freigewordene Stelle des Hofkapellmeisters in Dresden, seine Bewerbung wurde jedoch abgelehnt. Die letzte Station seines Wirkens war Stuttgart: im Dienste von Herzog Ludwig von Württemberg; zuerst als Tenorsänger, dann als Hofkomponist, schließlich 1595 bis zu seinem Tod 1606 als Leiter der Hofkapelle.
Lechners Bedeutung liegt vor allem darin, Vermittler des musikalischen Stils Orlando di Lassos für die evangelische Kirchenmusik und das deutsche Lied zu sein. Mit der Anwendung der neuen Dur-Moll-Harmonik im Dienste der Affektsprache, im Wechselspiel von Polyphonie und Homophonie als Mittel sprachlicher Gestaltung ist er seinen Zeitgenossen weit voraus. Die künstlerische Durchdringung der deutschen Sprache in den geistlichen Werken ist der des späteren Heinrich Schütz ähnlich.
Texte
Italienische Madrigale (Petrarca)
Come nave ch'in mezzo al onde sia, combattuta da venti, in ogni parte,
rimasa senza sol, rotta le sarte, da gran tempesta oppresa oscur' è ria.
Tutta piena di tema, aiuto cria, colui chiamando, che nel ciel comparte, le vaghe stelle,
con Saturno e Marte al desiato porto ogn'hor s’invia.
Seconda parte
Cosi son io, nel piant' aspro ed amaro, combattuto d'un vento di sospiri,
rimaso privo del mio sol si chiaro invan gridando aita ai mei martiri,
morte chiamando el suo venir m'e caro, non essendo dove li occhi stanchi giri.
Fato, fortuna, predestinatione, sorte, caso, ventura, son di quelle cose, che dan gran noia alle persone, e visi dicon su gran novelle,
ma infine iddio d'ogni cosa è padrone e chi è savio, domina le stelle,
chi non è savio paciente è forte, lamentisi di se, non della sorte.
Che più d'un giorno è la vita mortale, nubilo, breve, freddo e pien di noia, che puo bella parer ma nulla vale.
Wie ein Schiff bei hohem Seegang, überall von Winden bekämpft,
bar jeglichen Lichtes, mit zerrissenen Segeln in völliger Dunkelheit von der wütenden See erfasst,
voller Furcht um Hilfe rufend, denjenigen anflehend, der im Himmel herrscht,
zu jeder Stunde sich an die fernen Sterne, an Saturn und Mars wendend,
den sicheren Hafen sehnlich suchend.
Zweiter Teil
So bin ich mit meinen herben und bitteren Tränen, der ich von einem Wind von Seufzern
bedrängt, und verlassen von meiner strahlenden Sonne bin, vergeblich in meinen Qualen
um Hilfe rufend, den Tod herbeisehne, der mir süß erscheint, weil nichts da ist,
wohin ich meine müden Blicke richten könnte.
Schicksal, Glück, Fügung, Geschick, Zufall, Glückseligkeit, das sind Dinge,
die dem Menschen großen Kummer bereiten, ihn unzufrieden machen.
Aber am Ende ist Gott der Herr aller Dinge.
Und wer weise ist, beherrscht die Sterne. Wer nicht weise ist, sei geduldig und stark,
klage über sich selbst, aber nicht über das Schicksal.
Kaum länger als ein Tag ist das sterbliche Leben, in Wolken gehüllt,
kurz, kalt und voller Verdruss, und scheint es noch so schön, ist es doch völlig wertlos.
Herr Jesu Christ, dir lebe ich,
so sterb ich dir gutwilliglich,
auf dein Erlösung tröst ich mich,
dein bin und bleib ich ewiglich,
drum wirst du nicht verlassen mich,
denn auf dich steht mein Zuversicht.
O Tod, du bist ein bittre Gallen
du willst mir keineswegs gefallen
wann ich deine denk, dein Nam mich kränkt
ich kann nicht fröhlich werden
allhie auf dieser Erden;
du bleckst dein Zähn als wollst du mich gar fressen,
du meinst vielleicht, ich hab Christi vergessen.
O Tod, wie kannst du sein so gar vermessen,
du meinst, ich hab des grossen Streits vergessen
du Totenmann, sag mir jetzt an,
wie ist es dir damals ergangen?
Du meinst, du hättst Christum gefangen,
der dich im Sieg mit deinem Krieg
hat ganz und gar verschlungen, dahin darfst nie mehr kommen.
Nun schein, du Glanz der Herrlichkeit,
der uns von Anfang ist bereit,
schein uns, du klare Sonnen,
auf dass wir zu dir kommen
und wandeln bei dem schönen Licht,
zu dem wir in der Tauf verpflicht;
du allerhöchster Jesu Christ,
laß uns niemand abwenden,
dieweil du selb die Sonnen bist,
halt uns in deinen Händen
und führ uns aus dem finstern Tal
in deinen königlichen Saal,
dass wir dich sehen allzumal.
Nackend bin ich aus meiner Mutter Leib kommen,
nackend werde ich wieder hinfahren.;
Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen;
der Nam des Herren sei gelobet!
O reicher Gott, bau du das Haus,
es ist mit unserm Sorgen aus,
es ist doch alls umsonst,
es hilft kein Müh, spät oder früh,
viel wen’ger große Kunst.
Du mußt alles bescheren
und uns treulich ernähren.
Darum so bitten wir,
dieweil Alls kommt von dir,
wollst uns nichts Schädlichs geben
Hie noch in jenem Leben.
Deutsche Sprüche von Leben und Tod
Alles auf Erden stets mit Gefährden
des Falls sich wendet hin und her ländet.
Auch Sonn, Mond, Sterne, Witt’rung bewähren
samt den Jahrszeiten Unbständigkeiten.
Wir Menschen reisen gleich armen Waisen,
die sind mit Sorgen ung’wiß, wo morgen.
Heint frisch, wohlmächtig, g’sund, schön und prächtig
morgen verdorben, tot und gestorben.
In Gottes Händen alls steht zu enden;
sein wir geduldig, erwarten schuldig.
Gedenk mit nichten, dich b’ständig z’richten
in die Welt g’fährlich, drin nichts beharrlich.
Wenn sich erschwinget das Glück, dir g’linget,
tu nit drauf bauen ihm z’viel vertrauen.
So überfallen dich Trübsals Qualen,
sei nit kleinmütig, murrend, ungütig.
Was jetzt im Laufen, liegt bald zu Haufen,
das kann sich schicken, all Augenblicken.
Weil dann so unstet dies Schiff der Welt geht
so lasst uns denken wohin zu lenken.
Wir wöllen kehren zu Gott, dem Herren,
uns nach seim G’fallen richten in allem.
Ihn fürchten, lieben, sein Wort stets üben.
Er wird erbarmen sich unser Armen.
Sein Gnad und Güte wird uns behüten,
trösten, entbinden von unsern Sünden.
Sein Hand wird retten aus allen Nöten;
wir leben, sterben, jetzt nit verderben.
Nach diesem Leiden, er ewig Freuden
uns schenkt unfehlig. Dann sind wir selig.
Daß du von meinetwegen gesetzet bist in Pein,
tut mir zu Leid bewegen das elend Herze mein
und schmerzet mich nicht klein, daß ich mit Hilf kann tun.
Doch weil im Liebesgarten, wie weißt selber wohl,
wächst nichts denn langes Warten, das man gedulden soll,
so hoff auf Gott und Glück, bis daß sichs anders schick!
Hast du Lust zu dem Süßen, so laß dich auch darbei
des Bittern nicht verdrießen, wie schwer das immer sei!
Dies ist die alte Sitt: Süß kommt ohn Bitters nit.
Nach meiner Lieb viel hundert Knaben trachten,
allein, den ich lieb hab, will mein nicht achten.
Ach weh mir armen Maid! Vor Leid muss ich verschmachten.
Jeder begehrt zu mir sich zu verpflichten;
allein, den ich lieb hab, tut mich vernichten.
Ach weh mir armen Maid! Was soll ich denn anrichten?
Keiner von allen mag mir widerstreben,
allein, den ich lieb hab, will sich nit geben.
Ach weh mir armen Maid! Was soll mir dann das Leben?
Der süße Schlaf, der sonst alls stillet wohl,
kann stillen nicht mein Herz mit Trauern voll;
das schafft allein, die mich, die mich erfreuen soll.
Kein Speis noch Trank mir Lust noch Nahrung geit,
kein Kurzweil ist, die mir mein Herz erfreut,
das schafft allein, die mir im Herzen leit.
Kein Gsellschafft ich nit mehr besuchen mag,
Ganz einig sitz in Unmut Tag und Nacht,
das schafft allein, die ich im Herzen trag.
In Zuversicht allein gen ihr ich hang,
und hoff, sie soll mich nit verlassen lang,
sonst fiel ich gwiss ins bittern Todes Zwang.
O Lieb, wie süß und bitter,
ein brennend sehnlich Not,
voll Trauren Furcht und Zittern,
bist ärger dann der Tod,
ein Anfang aller Freud und Leid,
wie Petrarca dich nennet,
ein süße Bittrigkeit.