Die Responsorien zum Karfreitag von Carlo Gesualdo Principe di Venosa (1560-1613).
Das Ensemble Hortus Musicus beschließt mit der Feria Sexta den Zyklus des großen geistlichen Opus von Carlo Gesualdo.
Seine Responsorien bestehen aus insgesamt 27 Motetten, die das Leiden und Sterben Christi und die Klage darüber zum Inhalt haben. Der große Madrigalist, beladen mit der großen Schuld des Mordes an seiner Frau und ihrem Liebhaber, hat in diesem Opus das endgültige Vehikel der Selbstgeißelung gefunden.
Die Responsorien
Ein Responsorium war ursprünglich ein auf dem Prinzip des Kehrverses (Refrain) ruhender Gesang der Liturgie, bestehend aus einem Chorteil (Responsorium) und einem solistisch gesungenen Versus.
Bedeutung erlangten sie vor allem in den Metten der Karwoche, der Tenebraeliturgie. (tenebrae=Finsternis, Dunkelheit). Vom Ende des 16. bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts stellten der Zyklus der Karwochenresponsorien eine der wichtigsten Gattungen der katholischen Kirchenmusik dar. Von Gesualdo ist ein vollständiger Zyklus erhalten, der 1611 gedruckt wurde. Die Tenebrae Responsorien stehen in unmittelbarem Zusammenhang mit den Klageliedern, denn sie enthalten die ersten drei Lektionen der ersten Nachtmesse für die letzten drei Tage der Karwoche. Der vollständige Klageliederzyklus besteht aus 27 Lektionen, die die Stunde der Frühmessen bilden. Die Texte sind aus dem Alten und Neuen Testament genommen und beklagen den Tod Christi und den Schmerz nach der Zerstörung Jerusalems. Somit fallen auf jeden Tag (Gründonnerstag = Feria Quinta, Karfreitag = Feria Sexta und Karsamstag = Sabbato Sancto) je 9 Responsorien.
Die Form der Responsorien ist meist aBcB (aB = Responsorium, c=Versus) wobei a und c häufig mit weniger Stimmen gesungen werden als B, welcher der dichteste Teil des Responsoriums ist.
Die Tenebraeliturgie ist die dramatischste Liturgie im ganzen Kirchenjahr. Die liturgische Anweisung lautet: „Am Ende jedes Psalms und der Laudes wird eine der 15 Kerzen auf dem dreieckigen Kerzenleuchter vor dem Altar gelöscht, die oberste Kerze bleibt brennen.“ (Liber Usualis, Tournai, 1952, S. 621)
Eingeleitet werden diese durch den den Lobgesang des Zacharias Benedictus Dominus Deus Israel, beschlossen mit Psalm 50 Miserere mei Deus.
Gesualdo gestaltet in den Responsorien – wie auch in den Madrigalen – die dramatischen und affektiv geladenen Textstellen mit überraschenden (weil nicht vorbereiteten) Dissonanzen, intensiver Chromatik, Tempoänderung und plötzlichem Wechsel im rhythmischen Verlauf. Der Musikwissenschafter Einstein sieht eine Verbindung des Geschehens der Karwoche mit dem persönlichen Schicksal Carlos – Mörder seiner Gattin und deren Liebhaber: „Man fühlt, dass Gesualdo, der Schöpfer jenes endlosen Nebeneinanders von Freude und Schmerz in seinen Madrigalen, hier das endgültige Vehikel der Selbstgeißelung gefunden hat.“ (Einstein, The Italian Madrigal, S. 694)
Mitwirkende
Christa Mäurer Cantus
Waltraud Russegger Sextus
Michael Gerzabek Altus
Michael Nowak Quintus
Günter Mattitsch Tenor / Leitung
Dietmar Pickl Bass